Nicht das kleinste Feigenblättchen
(Haben denn alle Sittenwächter Tomaten auf den Augen? Oder wieso ignorieren sie diese Körperregion?)
Wahrscheinlich weil das der unterschätzteste Körperteil ist, dem man schon aus Gewohnheit jegliche Pornografietauglichkeit abspricht und auf den nicht einmal der leiseste Erotikverdacht fällt. Drum also. (Ich meine natürlich nicht das Nasenloch, weder das rechte noch das linke, denn die beiden haben sich ihren Platz ja bereits erobert: in der obskuren Autoerotik, sprich: beim Nasenbohren.)
Also drum, weil ihnen die Anstößigkeit dieser speziellen Blöße halt einfach nicht bewusst war, haben die Wächter der römisch katholischen Manieren und der vatikanischen Schicklichkeit ein paar deftige Stellen übersehen, als sie die Deckenfresken der Sixtinischen Kapelle mit dekorativ flatternden Tüchern zensurierten, um Unaussprechliches den lüsternen Blicken zu entziehen. Und keinem ist es je aufgefallen.
Und die Restauratoren, die Michelangelos athletischen Leibern (den Religionsathleten) und seinen biblischen Muskeln später behilflich waren, die Hüllen wieder fallen zu lassen und die Zensurtextilien loszuwerden, haben sich auch nicht im Geringsten gewundert, dass sie der Eva in der Sündenfallszene gar nichts ausziehen mussten (mit ihren Lösungsmitteln und Spezialradierern). Weil die frommen Zensoren dem Fräulein Eva, das gerade den Arm empor streckt, um die knackfrische Sünde zu ergattern, schlichtweg nichts drübergemalt haben über das Organ, das immerhin ein Geruchspotenzial hat wie die Analdrüsen der Zibetkatze. Kein Feigenblatt bedeckt der ersten Essenssünderin auf Erden, nämlich derjenigen, die die allererste Fehlernährung verbrochen hat, ihre glattrasierte – Achselhöhle.
Auch das maskuline Achsel-Pathos auf der Altarwand der Sixtina, die ekstatische Weltenrichterachsel, die Achsel Christi, kam ungeschoren davon. Nein, nicht dass sie behaart wäre, aber auch ihr gönnten die Bekleidungskontrolleure nicht das kleinste Fetzerl oder Salatblättchen. Wieso nimmt niemand die Achsel ernst? Und das, obwohl doch Gustave Courbet, einer der Pioniere der intimen Fleischbeschau, im Jahre 1866 statt seines legendären lasziven, weiblichen Unterleibsporträts genauso gut einen provokant naturgetreuen Achselakt hätte malen können. Freilich einen herausfordernd schwitzenden. Im Vollbesitz seiner üppigen Lockenpracht. Und klarerweise hätte Courbets Offenbarung dann nicht geheißen „Der Ursprung der Welt“, sondern eher „Der Ursprung des Aromas“.
Ja, und hätte man sich schon zu Toulouse-Lautrecs Zeiten offen zur Achsel-Erotik bekannt, zum zweiten (wie die Franzosen so charmant sagen:) „Gewürzkästlein“ der Frau, dann wäre im Moulin Rouge gewiss der Achsel-Cancan getanzt worden. Die jauchzenden, quietschenden Damen hätten verspielte weiße Puffärmeln angehabt, deren Rüschen sich um lange, schwarze Handschuhe gelegt hätten, und hätten kokett die Ärmchen hochgeworfen. Und das angeheizte männliche Publikum wäre alleweil auf der Lauer gelegen, ob nicht ein Rüscherl hochrutscht und man nicht einen indiskreten Blick auf den schwülen, dampfenden Ort der Sehnsucht erhaschen könnte.
Jünger der Achselhöhle, die daheim vielleicht T-Shirts mit Schweißrändern sammeln (als Reliquien, weil die ja Zeugnis ablegen von der Potenz der Achsel), müssen sich in ihrer Not als Basketballfans tarnen und kleben am Operngucker, wenn einer einen Korb wirft. Und Beachvolleyball ist sowieso ein einziges Achsel-Bacchanal. Doch der wahre Achsel-Groupie, der seinen Höhepunkt masochistisch lang hinauszögert, den Zenit seiner Schaulust, der geht zum Boxen. Und wartet auf den einen glorreichen Augenblick, wo der Ringrichter dem Sieger den Arm hochreißt und die Triumphatorachsel, die in ihrer Schweißmarinade schwimmt, vor Schadenfreude glänzt und kaum noch einer auf die unbezwingliche Boxerfaust dort oben achtet, die sich auf dem Gipfel ihres Ruhmes wähnt.
Wahrscheinlich weil das der unterschätzteste Körperteil ist, dem man schon aus Gewohnheit jegliche Pornografietauglichkeit abspricht und auf den nicht einmal der leiseste Erotikverdacht fällt. Drum also. (Ich meine natürlich nicht das Nasenloch, weder das rechte noch das linke, denn die beiden haben sich ihren Platz ja bereits erobert: in der obskuren Autoerotik, sprich: beim Nasenbohren.)
Also drum, weil ihnen die Anstößigkeit dieser speziellen Blöße halt einfach nicht bewusst war, haben die Wächter der römisch katholischen Manieren und der vatikanischen Schicklichkeit ein paar deftige Stellen übersehen, als sie die Deckenfresken der Sixtinischen Kapelle mit dekorativ flatternden Tüchern zensurierten, um Unaussprechliches den lüsternen Blicken zu entziehen. Und keinem ist es je aufgefallen.
Und die Restauratoren, die Michelangelos athletischen Leibern (den Religionsathleten) und seinen biblischen Muskeln später behilflich waren, die Hüllen wieder fallen zu lassen und die Zensurtextilien loszuwerden, haben sich auch nicht im Geringsten gewundert, dass sie der Eva in der Sündenfallszene gar nichts ausziehen mussten (mit ihren Lösungsmitteln und Spezialradierern). Weil die frommen Zensoren dem Fräulein Eva, das gerade den Arm empor streckt, um die knackfrische Sünde zu ergattern, schlichtweg nichts drübergemalt haben über das Organ, das immerhin ein Geruchspotenzial hat wie die Analdrüsen der Zibetkatze. Kein Feigenblatt bedeckt der ersten Essenssünderin auf Erden, nämlich derjenigen, die die allererste Fehlernährung verbrochen hat, ihre glattrasierte – Achselhöhle.
Auch das maskuline Achsel-Pathos auf der Altarwand der Sixtina, die ekstatische Weltenrichterachsel, die Achsel Christi, kam ungeschoren davon. Nein, nicht dass sie behaart wäre, aber auch ihr gönnten die Bekleidungskontrolleure nicht das kleinste Fetzerl oder Salatblättchen. Wieso nimmt niemand die Achsel ernst? Und das, obwohl doch Gustave Courbet, einer der Pioniere der intimen Fleischbeschau, im Jahre 1866 statt seines legendären lasziven, weiblichen Unterleibsporträts genauso gut einen provokant naturgetreuen Achselakt hätte malen können. Freilich einen herausfordernd schwitzenden. Im Vollbesitz seiner üppigen Lockenpracht. Und klarerweise hätte Courbets Offenbarung dann nicht geheißen „Der Ursprung der Welt“, sondern eher „Der Ursprung des Aromas“.
Ja, und hätte man sich schon zu Toulouse-Lautrecs Zeiten offen zur Achsel-Erotik bekannt, zum zweiten (wie die Franzosen so charmant sagen:) „Gewürzkästlein“ der Frau, dann wäre im Moulin Rouge gewiss der Achsel-Cancan getanzt worden. Die jauchzenden, quietschenden Damen hätten verspielte weiße Puffärmeln angehabt, deren Rüschen sich um lange, schwarze Handschuhe gelegt hätten, und hätten kokett die Ärmchen hochgeworfen. Und das angeheizte männliche Publikum wäre alleweil auf der Lauer gelegen, ob nicht ein Rüscherl hochrutscht und man nicht einen indiskreten Blick auf den schwülen, dampfenden Ort der Sehnsucht erhaschen könnte.
Jünger der Achselhöhle, die daheim vielleicht T-Shirts mit Schweißrändern sammeln (als Reliquien, weil die ja Zeugnis ablegen von der Potenz der Achsel), müssen sich in ihrer Not als Basketballfans tarnen und kleben am Operngucker, wenn einer einen Korb wirft. Und Beachvolleyball ist sowieso ein einziges Achsel-Bacchanal. Doch der wahre Achsel-Groupie, der seinen Höhepunkt masochistisch lang hinauszögert, den Zenit seiner Schaulust, der geht zum Boxen. Und wartet auf den einen glorreichen Augenblick, wo der Ringrichter dem Sieger den Arm hochreißt und die Triumphatorachsel, die in ihrer Schweißmarinade schwimmt, vor Schadenfreude glänzt und kaum noch einer auf die unbezwingliche Boxerfaust dort oben achtet, die sich auf dem Gipfel ihres Ruhmes wähnt.
claudia aigner - 25. Jul, 20:13